Hypo Vorarlberg Bank: Öffentliches Eigentum – Erfolgs- oder Auslaufmodell

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Der Zusammenbruch des Immobilienimperiums des Signa Konzerns hat wieder einmal die Rolle der Banken im Zusammenhang mit leichtfertigen Kreditvergaben in die mediale Aufmerksamkeit gebracht. Ganz besonders intensiv wird dabei der Fall der Hypo Vorarlberg Bank AG diskutiert – steht diese doch mehrheitlich im Eigentum des Landes Vorarlberg und ist ihr Schicksal damit auch von höchstem, politischen Interesse.

Die Regierung verteidigt die Strategie der Bank, die Opposition spricht von Krise, Experten jeglicher Art melden sich zu Worte und die Medien bringen Schlagzeile nach Schlagzeile – am meisten aber leidet das Vertrauen und die Reputation der Bank, schon seit jeher das wichtigste Pfund im sensiblen Geldgeschäft.
Zunächst aber ein Blick auf die Fakten:

Die Hypo Vorarlberg Bank unterhält offensichtlich seit vielen Jahren Geschäftsbeziehungen zum Signa-Konzern und dessen Gründer und Miteigentümer René Benko; damit steht die Hypo Bank Vorarlberg nicht allein da: RBI, Bank Austria, RLB NÖ/Wien, RLB OÖ, Bank Bär, diverse Kantonalbanken, deutsche Landesbanken, DZ Bank, Bangkok Bank und noch einige mehr stehen auf der Gläubigerliste.
Nach Aussagen der Hypo Vorarlberg Bank sind die Kredite mit banküblichen Sicherheiten hinter-legt: Hypotheken, Garantien, Hinterlegung bzw. Pfandrechte an Wertpapieren und Gesellschafts-anteilen.
Ob diese Sicherheiten werthaltig sind, kann heute nicht abschließend beurteilt werden; viele Banken gehen aber von bedeutenden Abschreibungen der Kredite aus.
Aktuell wird von 131 Mio. EUR an „ausgefallenen“ Krediten berichtet – nachdem die Hypo Vorarlberg Bank nach IFRS bilanziert, sind Kredite mit Zahlungsstörungen (Stage Modell) als ausgefallen zu werten – unabhängig welche Rückflüsse noch zu erwarten sind. Per Ultimo 2023 verfügte die Hypo Vorarlberg Bank über Eigenmittel in Höhe von 1.700 Mio. EUR, das entspricht einer Total Capital Ratio von 18,7 %. Selbst wenn die 130 Mio. EUR komplett ausfallen, beträgt diese Ratio immer noch 17,3 % – ein hervorragender Wert, angesichts dessen das Wort Krise an den Haaren herbeigezogen wirkt.
Ob bei der Kreditvergabe durch die Organe fahrlässig agiert wurde, kann im komplexen Bank-geschäft nur von Experten beurteilt werden. Allein die Tatsache, dass Kredite ausfallen, gibt dazu keinen Aufschluss, aber auch OeNB-Berichte sind in den richtigen Kontext zu stellen und zu be-urteilen. Jedenfalls sind alle Vorgänge im Risikomanagement, im Kreditausschuss, im Aufsichts-rat zu berücksichtigen. Genauso sind sämtliche Hinweise von Wirtschaftsprüfern und Aufsichts-behörden einzubeziehen. Um hier ein valides Urteil auch im Bezug zur Strategie der Bank zu fällen, ist eine Prüfung aller relevanten Fakten erforderlich – ein inhaltlich und zeitlich aufwendi-ges Vorhaben, das eine umfassende und tiefe Branchenerfahrung erfordert.
Bei einer nüchternen Betrachtung kann man den Wirbel aus einer ökonomischen Perspektive kaum nachvollziehen: Die Hypo Vorarlberg Bank gehört seit Jahren zu den rentabelsten Banken Österreichs und ihr Wert wurde in den letzten 20 Jahren erheblich gesteigert. Dafür waren die Organe und die gewählte Strategie ursächlich. Selbst ein Totalausfall der Signa/Benko Kredite beeinträchtigt weder die Eigenkapitalbasis noch die Fähigkeit Dividenden zu zahlen noch die künftige Profitabilität des Geschäftsmodells der Bank. Die einzige Auswirkung ist ein erheblicher Schaden bezüglich der Reputation des Hauses – im Bankgeschäft eine echte Hypothek.

Das Problem liegt vor allem am öffentlichen Eigentum der Bank – implizit ist dadurch die Bank ein Gegenstand des politischen Kalküls und der politischen Auseinandersetzung. Gerade bei sensiblen Unternehmen wie Banken ist das ein immer wieder zu beobachtendes Muster: Schlagende Risiken – und das ist immanent im Bankgeschäft – führen zu teilweise absurden politischen Diskussionen; in diesem Fall wird z.B. eine Beschränkung auf die Region Vorarlberg und auf spezielle Kundengruppen gefordert. Ein solcher Schwenk würde den Wert der Bank massiv beeinträchtigen und damit auch indirekte Vermögensschäden bei den Steuerzahlern im Vielfachen der potenziellen Kreditausfälle verursachen.
Die einzig valide Alternative zur bisherigen Strategie wäre ein Rückzug des Landes als Mehr-heitseigentümer – sei es über einen Verkauf oder ein IPO. Mit diesem Erlös könnte nach Vorbild von öffentlichen Fonds anderer Länder, wie z.B. Norwegen, ein echter Vermögensrückhalt auf-gebaut werden, der aus seinen Erträgen entsprechende regionale Projekte finanziert. Aus Sicht der regionalen Bankversorgung ist eine Bank im öffentlichen Eigentum nicht erforderlich, auch vor dem Hintergrund, dass der Bank aufgrund von EU-Recht seit vielen Jahren keine Landes-Haftungen oder sonstigen Unterstützungen durch das Land mehr gewährt werden dürfen und somit das wesentliche wirtschaftliche Argument für eine landeseigene Bank weggefallen ist. Auch mit „Vorarlberg“ im Namen muss die Bank drittüblich agieren und steht damit im direkten Wettbe-werb zu allen anderen Finanzdienstleistern. Gerade Österreich gilt immer noch als overbanked und die größten Marktanteile in Vorarlberg besitzen die Raiffeisenbanken und Sparkassen.

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