Aus der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer Österreich kommt Zustimmung für eine engere Vernetzung der Aufsichtsbehörden und verbindliche Aufsichtsstandards. Zwei Dinge will man dort allerdings nicht: eine zentrale „Super-Behörde“ und Folgekosten aufgrund einer potenziellen „Überregulierung“. Die regulatorischen Kosten wüchsen ohnehin schon Jahr für Jahr.
Vor etwa zwei Wochen hat die EU-Kommission ein Strategiepapier zur Neuordnung der Aufsicht des europäischen Finanzmarktes vorgelegt. Es basiert auf einem Bericht der so genannten „De-Larosière-Gruppe“. Dieser schlägt eine engere Koordinierung der einzelstaatlichen Aufsichtsbehörden und eine neue „Frühwarnstelle“ unter der Verantwortung der Europäischen Zentralbank vor (VersicherungsJournal 5.3.2009). Eine zentrale Aufsicht ist
darin aber nicht vorgesehen.
Kurz zuvor hatten sich Kommission und EU-Staaten für eine Reform ausgesprochen und ihren Willen zur Neugestaltung des Weltfinanzsystems bekundet (VersicherungsJournal 24.2.2008).
Für ein dezentrales Modell
Die Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer
Österreich hat sich am Montag positiv zu den Plänen der Kommission
geäußert.
Die österreichische Kreditwirtschaft hält die Vorschläge für ein dezentrales Kooperationsmodell der europäischen Aufsichtsbehörden „für ein im heutigen politischen Umfeld realistisches Modell, das sowohl die lokale Kenntnis nutzt als auch grenzüberschreitend eine bessere Abstimmung erreichen soll“, erklärte Sparten-Geschäftsführer Dr. Herbert Pichler.
Ein „Ja“ kommt aus der Bundessparte zur Registrierung und Überwachung von Rating-Agenturen. Sie plädiert außerdem dafür, alle Anbieter von Finanzdienstleistungen vergleichbaren Regelungen zu unterwerfen.
„Weit von Harmonisierung entfernt“
Forderungen nach Schaffung einer „europäischen Super-Behörde“ stoßen dagegen auf Ablehnung. Pichler: „Solange die politischen Fragen nach der weiteren Integration der EU nicht geklärt sind, kann man nur evolutionär auf den bestehenden Institutionen aufbauen.“
Unterstützung findet in der Kammer aber der Ansatz der Kommission, die volkswirtschaftliche Kompetenz der Zentralbanken stärker als bisher in die Bankenaufsicht einzubinden. Notwendig ist laut Pichler jedenfalls die Harmonisierung der Aufsichtsregeln: „Davon sind wir derzeit weit entfernt.“
Warnung vor bürokratischen Kosten
Zugleich warnt die Bundessparte vor einer „neuen Welle der Überregulierung mit allen Kosten und Folgen“. Die regulatorischen Kosten, die den Unternehmen entstünden, seien schon in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Kammer stützt sich dabei auf eine Studie der Confidum Financial Managament Consultants AG über die Kostenauswirkungen von Regulierungen.
Demnach beliefen sich die regulatorischen Gesamtkosten für die
österreichische Kreditwirtschaft im Jahr 2005 auf 176 Millionen Euro, stiegen im Jahr 2006 auf 231 Millionen Euro und erreichten im Jahr 2007 einen Wert von 297 Millionen Euro – innerhalb von zwei Jahren ein Anstieg von rund 70 Prozent.
Versicherungsunternehmen wurden in der Studie nicht untersucht. Sparten-Geschäftsführer Pichler sieht im Bereich der Versicherungswirtschaft jedoch dieselbe Tendenz.
„Sorgsam ausbalanciertes“ Reglement
Im Februar hatte sich das „Pan-Europäische Versicherungsforum“ (Pan-European Insurance Forum, PEIF), dem auch österreichische Versicherer angehören, für „sorgsam ausbalancierte regulatorische Konsequenzen“ im Aufsichtsrecht ausgesprochen (VersicherungsJournal 5.3.2009).
Eine künftige Regulierung solle sich „noch stärker an Risiken orientieren und gutes Risikomanagement honorieren“. Die Aufsichtssysteme sollen – so die Position der Versicherer – der zunehmenden Internationalisierung der Unternehmen angepasst werden, große Unternehmen statt von vielen nationalen Behörden durch eine Gruppenaufsicht effizienter beaufsichtigt werden.
