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Bankenumfeld

Commerzialbank Mattersburg: Präzendenzfall einer Fake-Bank – Lehren für die Zukunft

Vorbemerkungen

Die Pleite der Commerzialbank Mattersburg erschüttert derzeit die Österreichische Bankenwelt. Der Vorstand einer kleinen burgenländischen Regionalbank hat über Jahre mit formal perfekt gefälschten Geschäften die Zahlungsfähigkeit und Solvabilität der Bank vorgetäuscht („Fake-Banking“) und nun einen enormen wirtschaftlichen Schaden zurückgelassen. Die Schätzungen der Experten gehen davon aus, dass am Ende des Tages ca. 700 Mio. EUR von unterschiedlichsten Gläubigern abgeschrieben werden müssen.

Als Folge ist nun eine intensive mediale und auch juristische Auseinandersetzung ausgebrochen, wer dafür verantwortlich ist; im Kreuzfeuer stehen neben dem geständigen Vorstand der Aufsichtsrat, der Wirtschaftsprüfer, die Bankenaufsicht FMA und ÖNB und auch die burgenländische Landesregierung als Aufsichtsorgan der Holdinggenossenschaft. Nachdem teilweise sehr hohe Summen auf dem Spiel stehen, ist davon auszugehen, dass sich die rechtlichen Verfahren über alle Instanzen noch Jahre ziehen werden. Für alle Betroffenen sind das bedeutende Entscheidungen, die von Anwälten und auch Gerichten vieles abverlangen werden. Viel wichtiger ist aber die Fragestellung, welche Konsequenzen gezogen werden müssen, damit solche Pleiten künftig verhindert werden können.

Der Ausgangspunkt dieser Debatte liegt bei der Frage, ob es erkennbare Auffälligkeiten gegeben hat, die genügend Grund dazu gegeben hätten, das Geschäft der Bank tiefergehend als üblich zu untersuchen und zu prüfen. Wenn man die Kennzahlen der Commerzialbank Mattersburg analysiert, so fällt sofort die ungewöhnliche Konstellation im Zinsgeschäft auf. Der Nettozinsertrag gemessen an der Bilanzsumme liegt am oberen Ende aller vergleichbaren Regionalbanken. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase ist das – wenn überhaupt – nur möglich, wenn ein ausgeprägtes Kreditgeschäft eine Loan-Deposit Ratio weit über 100 % bewirkt. Im Fall der Commerzialbank Mattersburg lag dieser Wert in den letzten Jahren unter 60 %, zuletzt sogar unter 50 %. Gleichzeitig kann man aus der öffentlichen Bilanz ablesen, dass auf die Einlagen noch 2018 ca. 0,9 % Zins (Zinsaufwand in % Bilanzsumme ca. 0,8%) bezahlt wurde. Die Konkurrenz hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon an die Null-Linie angenähert. Im Umkehrschluss bleibt in der realen Bankenwelt eigentlich nur mehr eine Möglichkeit die erforderlichen Zinseinnahmen zu generieren, nämlich höchste Risiken im eigenen Depot einzugehen. Vergleicht man die Nettozinsspanne aus Kunden- und Interbankgeschäften mit der erweiterten Zinsspanne inklusive der Erträge aus Wertpapieren und Beteiligungen, so ergeben sich nur marginale Differenzen. Um diese Erkenntnis zu gewinnen, sind keine Geheim- oder Raketenwissenschaften erforderlich – jeder Experte, der mit dem Geschäft der Regionalbanken vertraut ist, entdeckt rasch diese Ungereimtheiten und stellt die Frage nach dem Geschäftsmodell, dessen Gewinne man sich aus den üblichen Rahmenbedingungen nicht erklären kann. Das ist ungefähr so, wenn ein kleiner und übergewichtiger Mensch Hochsprungresultate vorweist, die mit in der Landesspitze liegen.

Der Wirtschaftsprüfer

Die Aufgabe des Wirtschaftsprüfers ist zunächst die Überprüfung der formellen Richtigkeit des Jahresabschlusses auf der Grundlage der geltenden Rechnungslegungsvorschriften. Nachdem in den Medien von sehr professionellen Fälschungen der Buchungsbelege die Rede ist, kann davon ausgegangen werden, dass diese Prüfungen wohl richtig ergangen sind. Trotzdem muss es die Verantwortung eines Wirtschaftsprüfers sein, auch die Logik des Geschäftsmodells auf Basis der Kennzahlen der Rechnungslegung zu verstehen. Dazu ist der Wirtschaftsprüfer auch berechtigt, in den Dialog mit dem Management und dem Aufsichtsrat einzutreten. Im konkreten Fall war es wohl so, dass vor allem im – vorgetäuschten – Interbankengeschäft ungewöhnlich hohe Zinsen an die Commerzialbank Mattersburg bezahlt worden sind. An dieser Stelle hätte man jedenfalls einhaken müssen, und hätte wohl festgestellt, dass es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gibt. Damit hätte man genügend Veranlassung gehabt, diese Geschäftsbeziehungen näher zu überprüfen und direkte Bestätigungen zu verlangen. Dass dies nicht geschehen ist, kann nur an mangelnder Bankenexpertise des Prüfers gelegen haben.

Damit ergeben sich für die Zukunft folgende Postulate für die Wirtschaftsprüfer von Banken:

  • Sicherstellung der erforderlichen Expertise: Die Aufsichtsbehörde sollte auch für die Wirtschaftsprüfer einen „Fit & Proper“ Check durchführen, der an ein entsprechendes Bündel an Kriterien geknüpft ist
  • Erhöhung der Haftungsgrenze für die Wirtschaftsprüfer und Einführung von personellen Haftungen
  • Verhinderung von Interessenskonflikten durch eine engere zeitliche Begrenzung der Mandatsdauer und ein Verbot von Unternehmensberatungsdienstleistungen für Wirtschaftsprüfer