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Risiko-& Eigenkapitalmanagement

Kernkapital extern sichern – neue Lösungen für Regionalbanken

Das Kernkapital wird die künftige Geschäftsentwicklung der Sparkassen, Geno-Banken stark determinieren, externe Kapitalstärkung über AT1-Emission

Hans-Joachim Schettler, Managing Director CONFIDUM Financial Management Consultants AG, St. Margrethen CH 

I. Ausgangslage und Hintergründe

Der Fachbeitrag reflektiert die Ausgangslage der Geno-Banken und Sparkassen zum Thema Kernkapital und zeigt neue, konkrete Lösungen für Banken und Sparkassen auf, das Kernkapital extern zu stärken.

1. Sparkassen und Geno-Banken brauchen Kapital – von außen

Bereits im letzten Fachbeitrag zum Thema vom 19.08.2022 wurde deutlich, dass im Zuge der Finanzkrise die Stärkung der Eigenkapitalbasis der europäischen Banken das zentrale Anliegen der Aufsichtsbehörden ist. Was ist seither passiert?

Der Finanzstabilitätsbericht vom November 2022 brachte die Zahlen an die Öffentlichkeit, die von Experten befürchtet worden waren: Die Zinswende hat das Zinsänderungsrisiko der deutschen Sparkassen und Geno-Banken schlagend werden lassen. Demnach betrugen die Abschreibungen auf eigene Wertpapiere 12,3 Mrd. € – das entsprach 5,6 % des Kernkapitals; um dazu einen Ausgleich zu schaffen, haben die Sparkassen und Geno-Banken nahezu ihre gesamten stillen Reserven von 21,8 Mrd. € aufgelöst. Nachdem das Kapital innerhalb der Sparkassen und Geno-Banken nicht gleich verteilt ist, schätzen wir, dass bei mindestens einem Drittel der Institute die Eigenkapitalsituation angespannt ist und rasche Maßnahmen erforderlich sind. Durch Umwidmung festverzinslicher Wertpapiere des Depot A in das Anlagevermögen konnten die Bilanzen und die G+V für 2022 zwar geschlossen werden, Risikotragfähigkeit und Kapitalausstattung haben aber massiv gelitten.

Im vergangenen Jahr haben einzelne Geno-Banken über den Verkauf von Geschäftsanteilen die Kapitalbasis bei den Mitgliedern gestärkt, doch wird dies am langen Ende nicht ausreichen, die Anforderungen zu stemmen. Ein Einbremsen des Neugeschäftes zur Erhöhung der Eigenkapitalquote ist auch keine valide Option. Dadurch wird die Profitabilität eingeschränkt, eine Stärkung des Eigenkapitals über Thesaurierung von Gewinnen verhindert und zusätzlich die Marktposition erheblich geschwächt. Auch eine Verschärfung des Kostenmanagements wirkt nicht so rasch, wie es erforderlich wäre, um die Kapitalquote kurzfristig anzuheben. Aus unserer Sicht ist die zweckmäßigste Strategie eine externe Stärkung des Kernkapitals über AT-1-Kapital (Art. 51 ff. CRR).

Dieses im Zuge der Finanzkrise geschaffene Instrument wird von den Großbanken intensiv genutzt, Sparkassen und Geno-Banken haben das Potenzial bisher nicht erschlossen. Geht man von einem durchschnittlichen Potenzial von zwei Prozentpunkten (1,5 % Säule 1 plus 0,5 % aus SREP-Anforderungen) an möglichem AT-1-Kapital aus, so könnten die Sparkassen und Geno-Banken ihr Kernkapital um ca. 25 Mrd. € ausbauen. In der Zwischenzeit gibt es auch ein speziell ausgerichtetes Angebot am Markt. Als Alternative zur Ausgabe von neuen Aktien oder Werbung von Mitgliedern wurde das Instrument des Contingent Convertible Bonds (CoCo-Bonds) geschaffen. Dieses Kapitalinstrument ist in der Zwischenzeit unter dem Begriff „Additional Tier 1 Capital – AT-1“ in der Capital Requirement Regulation, kurz CRR (Art. 52 bis 54), verankert. Bislang wurde die Begebung von CoCo-Bonds von Banken aus UK, Schweiz, Frankreich und Spanien dominiert. Der Anteil der deutschen Banken an den AT-1-Emissionen ist traditionell gering und entfällt im Wesentlichen auf die SI-Banken.

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Neue Wege und Lösungen für Banken und Sparkassen zur Beschaffung von zusätzlichem Kernkapital, Hintergründe und Umsetzungswege

Stärkung Eigenkapital mit zusätzlichem Kernkapital über AT1 Emission

Bessere Zukunftsfähigkeit für Banken und Sparkassen durch gestärktes Kernkapital, konkrete Lösungswege durch Emission von AT-1 Kapital

Vorbemerkung: Die Rettung der Credit Suisse – Auswirkungen auf den AT1 Markt

Am Wochenende um den 19. März 2023 wurde die Credit Suisse durch die UBS not-fallmäßig übernommen. Diese Operation wurde durch die Schweizer Banken-aufsicht FinMa, die Schweizer Nationalbank SNB und die Schweizer Regierung orchestriert. Neben einem tiefen Kaufkurs von ca. 75 Rappen für die Aktien wurde auch bekannt gegeben, dass alle ausstehenden AT1 Instrumente in Höhe von ca. 17 Mrd. USD komplett herabgeschrieben werden. Das hatte am 20. März 2023 auch Auswirkungen auf die AT1 Instrumente anderer Banken, die im Durchschnitt um ca. 10 % in den Kursen nachgaben. Aktuell liegen die Renditen von DACH-Großbanken bei ca. 13 %. Ähnliche Verwerfungen gab es schon während der Corona-Krise und im letzten Quartal 2022 – damals waren vor allem die steigenden Zinsen und die geopolitischen Ereignisse und eine ungewisse Konjunkturerwartung die Auslöser.

Diese Verfügung der FinMa hat bei den AT1 Investoren weltweit große Empörung, aber auch Verunsicherung ausgelöst. Beanstandet wird insbesondere die Reihen-folge der Herabschreibung – die Eigenkapitalgeber werden zu Lasten der AT1 Geber bevorzugt und die vorgesehene Kaskade bezüglich Verlusttragung wird auf den Kopf gestellt.

Um die mittelfristigen Aussichten von AT1 Kapital beurteilen zu können, muss man zunächst das Risiko dieser Instrumente im Detail betrachten. Eine Herabschreibung ist dann vorzunehmen, wenn die Kernkapitalquote unter einen Wert von 5,125 % oder einem höheren in den Bedingungen festgelegten Wert fällt (Trigger). In den Bedingungen können auch weitere Ereignisse definiert werden, unter deren Bedin-gungen eine Herabschreibung vorgenommen wird. Damit ist AT1 Kapital auch im „going-concern“ Fall ein Verlustträger, allerdings erst nachdem das CET-1 Kapital unter einen bestimmten Wert fällt.
Nun hatte die Credit Suisse noch zum Jahresultimo eine Kernkapitalquote von ca. 14 % ausgewiesen, der Trigger zur Herabschreibung lag bei 7 %. Allerdings ist in den AT1 Anleihebedingungen der Credit Suisse auf Grundlage der Eigenmittelver-ordnung auch ein „Viability Event“ definiert, das den Regulator ermächtigt, in Krisen-situationen eine Herabschreibung vorzunehmen. In einer Stellungnahme hat sich die FinMa auf diese Klauseln und auf das Notrecht zur Rettung der CS bezogen – ob dieses Vorgehen rechtmäßig war, wird in den sich schon abzeichnenden Gerichts-verfahren geklärt werden. Im Rahmen der CRR sind solche „Viability Events“ nicht zwingend vorgeschrieben. AT1 Instrumente von EU-Banken beschränken sich daher auf den Kapital Trigger als Herabschreibungs-Event.

Der Fall Credit Suisse zeigt nun aber sehr deutlich, dass „Too Big to Fail“ nicht bei AT1 Instrumenten gilt. Diese sind gerade so beschaffen, dass Risiko in einer Krise auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens getragen wird. Gerade deswegen werden auf diese Instrumente auch entsprechende Risikoprämien bezahlt.