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Asset Management

Investmentfonds und Asset Manager in Österreich – Situation und Perspektiven

Ausgangslage

Ende 2024 gab es in Österreich 14 Kapitalanlagegesellschaften und 62 Alternative Investmentfondsmanager, die insgesamt 887 Organismen zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapiere (OGAW) und 1.212 Alternative Investmentfonds (AIF) aufgelegt haben. Das sind 25 mehr Fonds als Ende 2023. Nach Veranlagungsstrategie kategorisiert teilen sich diese in 1.127 Misch-, 434 Renten-, 352 Aktien-, 52 kurzfristige Rentenfonds, 50 Private-Equity-Fonds, 16 Immobilienfonds sowie 68 sonstige Fonds auf. Davon sind 695 Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug nach SFDR kategorisiert. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die österreichischen Kapitalanlagegesellschaften – diese verfügen zumeist auch über eine AIF-Konzession und sind die bedeutendsten Marktteilnehmer.

Der österreichische Markt für Investmentfonds hat sich bis 2015 sehr stabil entwickelt, die letzten 10 Jahre haben aber deutliche Umbrüche gezeigt. Gab es bis 2015 stabil 24 inländische Kapitalanlagegesellschaften, so setzte danach eine Konzentrationsbewegung ein, die die Anzahl der Kapitalanlagegesellschaften in wenigen Jahren nahezu halbierte. Gleichzeitig erhöhte sich der Anteil der ausländischen Fonds auf ca. 40 % des gesamten Bestandes – dieser betrug 2005 noch 15 %.

Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklung noch weitergehen wird und es erforderlich wird, die strategische Positionierung der einzelnen Marktteilnehmer zu überprüfen. Im Folgenden
werden die dieser Entwicklung zugrunde liegenden Markttrends analysiert und strategische Positionierungen dargestellt.

Steigende Kosten der Regulierung forcieren „economies of scale“

Wie alle Finanzmärkte ist auch der Markt für Investmentfonds einer stetig steigenden Regulierung unterworfen. Ziemlich genau 40 Jahre ist es her, dass die erste OGAW-Richtlinie verabschiedet
wurde. Die Abkürzung steht für „Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“, auch das englische Akronym UCITS ist geläufig.

Die richtlinienkonformen Fonds müssen einheitliche Regeln befolgen, zum Beispiel mit Blick auf Anlegerinformationen, Risikostreuung und die Verwahrstelle. Vor allem die 2016 umgesetzte Richtlinie OGAW VI brachte einen erheblichen Schub in das Reporting und löste bei Kapitalanlagegesellschaften und Verwahrstellen erhebliche Investitionen aus. Diese konnten aus dem organischen Marktwachstum nicht kompensiert werden – die Folge waren Zusammenschlüsse und Akquisitionen sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene. Folgende Transaktionen fanden in Österreich statt:

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Bankenumfeld

Bankenabgabe in Österreich: Sondersteuer ohne valide Begründung

Management Summary

Die immer wieder diskutierte Sondersteuer für Banken („Bankenabgabe“) entbehrt jeglicher validen Begründung – die verwendeten Argumente sind plakativ und verkürzt und halten einer näheren Analyse nicht stand:

  • Abschöpfen von überbordenden Gewinnen: Gewinne von Banken hängen stark vom Zinszyklus ab und sind damit immanenten Schwankungen ausgesetzt; eine Sonder-steuer in der Spitze ohne Steuererleichterungen im Tal schwächt die erforderliche Kapitalbildung und fördert die Instabilität der Finanzbranche. Zudem ist die Profitabilität der Banken durchschnittlich – z.B. werden in der Tech-Branche deutlich höhere Ren-diten erwirtschaftet. Über die KöSt werden bedeutende Beträge an Steuereinnahmen generiert, zudem sind Dividendenausschüttungen zusätzlich mit 27,5 % KESt belastet
  • Windfall Profits durch die EZB-Einlagen: Auch hier gilt es einen gesamten Zinszyklus zu betrachten – lange Jahre haben die Banken negative Zinsen bezahlt ohne Steuer- erleichterungen zu bekommen; auch bei einer Absenkung der EZB-Einlagenzinsen stehen den Banken alternative Anlagen zur Verfügung z.B. Staatsanleihen
  • Schröpfen der Konsumenten: Während der Niedrigzinsphase hat das Privatkunden- geschäft erhebliche Verluste verzeichnet; der wichtigste Faktor dazu ist die asymme-trische Verteilung der Zinssenkungsmöglichkeiten durch die Banken – der Konsumen-tenschutz verbietet negative Zinsen; zudem gibt es Alternativen zu den traditionellen Banken – Zinsplattformen und Neo-Banken
  • Banken leisten heute schon bedeutende direkte und indirekte Beiträge zum Staatshaus-halt (Fiskaljahr 2023): KöSt, Stabilitätsabgabe, SRM-Fonds, MREL-Prämien, Einkommensteuer auf Dividenden – in Summe geschätzt ca. 4 – 5 Mrd. EUR

Letztendlich ist eine Sondersteuer für Banken ökonomisch nicht gerechtfertigt und damit willkürlich – am Ende bleibt als Rechtfertigung nur eine weit verbreitete Akzeptanz in der Bevölkerung, neudeutsch Populismus.

Bankenabgabe in Österreich ohne valide Begründung

Österreich sieht sich – wie auch viele andere europäische Staaten – mit einem gewaltigen Loch im Staatshaushalt konfrontiert. Jede neue Regierung steht vor der Herausforderung einer nach-haltigen Budgetsanierung. Es liegt in der Natur einer parteipolitischen Demokratie, dass die jeweiligen Lösungsansätze der politischen Lager sehr unterschiedlich sind. Immer wieder wird dabei von unterschiedlichsten Ecken eine sogenannte Bankenabgabe vorgeschlagen; diese ist nicht zu verwechseln mit der europäischen Bankenabgabe, die in einen europäischen Fonds zur Bekämpfung von Bankkrisen einzahlt (SRM Verordnung EU 806/2014), sondern ist eine Sonder-steuer für Finanzinstitute, die in das laufende Budget einzahlt. Aus einer sachlichen und ökonomischen Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex zeigt es sich, dass es dazu keine validen Argumente gibt – am Ende ist das eine willkürliche Zwangsabgabe, die halt gerade die Banken trifft.

Willkürlich und populistisch

Willkürliche Abgaben auf besondere Wirtschaftssubjekte oder Warengruppen finden sich in der Wirtschaftsgeschichte immer wieder. Beliebt waren die sogenannten Luxussteuern – schon im alten Rom wurde 570 eine Steuer auf Luxussklaven, Schmuck und bunte Frauenkleider eingeführt und der Preußenkönig Friedrich I. besteuerte ab 1698 Perücken und Karossen zur Finanzierung seines Hofstaates und seiner Feldzüge. In Österreich wurde 1978 ein neuer Mehr-wertsteuersatz von 30 % für Autos, Schmuck, Uhren, Pelze und Konsumelektronik eingeführt – damals umgangssprachlich Luxussteuer genannt. Diese wurde dann bis 1992 wieder schrittweise abgeschafft – geblieben ist nur die Abgabe auf KFZ – heute in der Form der NoVA. Andere Pläne von Sondersteuern – z.B. die von Deutschland geplante KFZ-Maut für Ausländer sind vor dem EuGH gescheitert.

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Fusionsmanagement

Die optimale Bankgröße von Genossenschaftsbanken

Aktuell agieren in Deutschland ca. 670 eigenständige Genossenschaftsbanken mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von ca. 1,8 Mrd. Euro. In den letzten fünf Jahren hat sich diese Anzahl um etwa 140 verringert, was zu einem signifikanten Größenwachstum bei den verbliebenen bzw. fusionierten Banken (ungefähre Verdopplung der Bilanzsumme) führte. Diese Konsolidierung wird sich angesichts des inzwischen chronischen Fachkräftemangels, steigender regulatorischer Anforderungen, der zunehmenden Wettbewerbsintensität durch Digitalisierung, einem „KI-Strukturbruch“ sowie sich wieder verschärfender Effizienzanforderungen in den kommenden Jahren fortsetzen.

Die zentralen Fragen lauten: Gibt es eine optimale Bankgröße? Und wenn ja, welche Erfolgsfaktoren sind entscheidend, um diese Größe mittelfristig zu erreichen? Der nun folgende Beitrag setzt sich insbesondere mit der Fragestellung zur optimalen Bankgröße auseinander. In unserem kommenden Beitrag stehen dann die aus unserer Erfahrung zentralen Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Fusion im Fokus.

Um die „richtige“ Bankgröße herzuleiten, sollten aus Sicht von CONFIDUM die wesentlichen Stakeholder und deren Hauptziele Berücksichtigung finden:

Für Kunden ist die reine Bankgröße nur bedingt relevant. Entscheidend sind wettbewerbsfähige Leistungs-angebote wie bspw. Fachexpertisen für spezifische Kundengruppen, Assetklassen und/oder Umsetzungs-fähigkeit entsprechender Größendimensionen, eine omnikanale Verfügbarkeit sowie eine erlebbare Vertriebs- & Serviceexzellenz. Will eine Bank bspw. ein wettbewerbsfähiges Private Banking am Markt etablieren, so sollte erfahrungsgemäß ein vertriebsfähiges Team von mindestens 5 Beratern mit entsprechender Fachexpertise „am Start“ sein. Setzt man dies in typische Relationen bei Kundenanteilen (PB-Anteil ca. 1 bis 2% aller Privatkunden), ergibt sich eine Mindestgröße von ca. 80 bis 100 Tausend Privatkunden, die diese Bank in der Betreuung haben sollte. Bankgröße wird dann „zum Problem“ wenn Kundennähe, schnelle Entscheidungswege und regionale Identifikationsmöglichkeiten fehlen. Da dies eher (vertriebs)organisatorische Herausforderungen sind, lässt sich eine Bankobergrenze daraus eher nicht ableiten.

In der von der demografischen Boomerwelle stark betroffenen und gleichzeitig mit Nachwuchsproblemen kämpfenden Bankenbranche gewinnen eine starke Arbeitgebermarke, sichere und flexible Arbeitsplatzan-gebote sowie attraktive Vergütungspakete an Bedeutung. Für potenzielle Mitarbeiter interessant zu sein und gleichzeitig eigene Fachkräfte langfristig zu binden, bedeutet u.a. im Recruiting, in der Personalent-wicklung sowie in der Mitarbeiterführung Expertisen vorzuhalten, die sich gleichzeitig erst ab einer Mindestzahl an zu gewinnenden/auszubildenden bzw. zu betreuenden Mitarbeitern betriebswirtschaftlich rechtfertigen. Gleichzeitig lassen sich Karrierewege nur glaubwürdig offerieren, wenn in der Bank adäquate Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bei vorhandenen Hierarchieebenen sowie unterschiedliche Bereiche mit Spezialisierungsoptionen vorhanden sind. Aus diesen Anforderungen lässt sich für Banken eine Mindestgröße von 250 bis 300 Mitarbeiterstellen ableiten. Banken mit deutlich größeren Mitarbeiter-zahlen stehen vor der Herausforderung ein kulturelles Miteinander, Flexibilität, Verantwortungsübernahme und Entscheidungskompetenzen auch „im Kleinen“ sicherzustellen. Optimale Unternehmensgrößen könn-ten aus dem beschriebenen Spannungsfeld zwischen 300 und 500 Mitarbeitern hergeleitet werden.

Um eine Bank nachhaltig erfolgreich managen zu können, ist neben dem originären Vertriebsbereich eine quantitativ und qualitativ hinreichende Aufstellung in den bankeigenen Kernbereichen bzw. erfolgs- kritischen Unternehmensinfrastruktur, welches das Risikomanagement, Controlling, Vertriebsmanage-ment, Organisation & IT sowie Personalmanagement umfasst, erforderlich. Quantitative Mindestaus- stattungen lassen sich aus regulativen sowie organisatorischen Anforderungen (u.a. Aufgaben, Vertretun-gen, Leistungslevel) herleiten. KI-unterstützte Optimierungen werden in den kommenden Jahren auch in diesen Bereichen Auswirkungen auf die (Mindest-)Personalausstattung haben. Trotzdem werden weiterhin betriebsnotwendige und zugleich effizient einsetzbare Kapazitäten erforderlich bleiben. Setzt man Good-Practice-bewährte Kapazitätsausstattungen für die genannten Bereiche an, ergibt sich ein Mindestbedarf von 80 bis 100 Mitarbeiterkapazitäten, selbstverständlich abhängig von Geschäftsschwerpunkten der jeweiligen Bank sowie dem zu managenden Kundengeschäftsvolumen. Unterstellt man zugleich eine gesunde Relation zwischen Vertrieb sowie Betriebs-& Steuerungsbank, kommt man auf Kapazitätsgrößen für die Gesamtbank von ebenfalls mindestens 250 bis 400 Mitarbeitern.

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Privatkundenbanking

Behavioral Banking 3.0

Ähnlich wie 2023 ist auch im laufenden Jahr 2024 die Kür der Bankmitarbeiterin des Jahres weit- gehend unstrittig: Die Zinspolitik von Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentral- bank (EZB), hat die Sonderkonjunktur verlängert, für einen faktischen Free Lunch auf Banken- seite gesorgt und damit ein wenig Zeit zum Durchschnaufen ermöglicht. Während zum Jahres- ende hin ein Teil der Finanzinstitute die schlagartigen und deutlichen Ergebnisverbesserungen auf das etwas verklärt wirkende, „konsequente Managen der eigenen Agenda“ zurückführt und „dem Team für die herausragenden Leistungen dankt“, zeigt sich der andere Teil etwas rationaler und bescheidener: Dem eigenen Team wird ebenfalls gedankt, gleichzeitig wird die Zins-Bonanza proaktiv erwähnt und im gleichen Atemzug darauf hingewiesen, dass die nächste Zinswende bereits eingeleitet ist, höhere Betriebskostenbasen wieder verdient werden müssen und Kreditrisikokosten nicht im toten Winkel bleiben dürfen.

Core Business-Mindset, Kundenzentrierung & Behavioral Banking

Die Jahresergebnisse 2023 wie auch 2024 markieren insoweit einen sog. „Once in a lifetime“- Moment in der Bankgeschichte, sind in absehbarer Zukunft kaum mehr zu erwarten und sollten sich Finanzinstitute im wahrsten Sinne des Wortes einrahmen. Die operative Realität des Brot- und Buttergeschäfts, im Idealfall ausgestattet mit einem kundenzentrierten „Core Business- Mindset“, steht bereits im Jahr 2025 wieder mehr denn je im Fokus. Kundenzentriertes „Core Business-Mindset“ heißt: Volle Kraft auf das Kerngeschäft, kein Verzetteln in wenig ergiebigen Nischen, die keinen spürbaren Ergebnisdiversifikationseffekt erwarten lassen und kein „Sich verlieren“ bei Randthemen.

Das sehr präsente Buzzword „Kundenzentrierung“ ist dabei dezidiert kein Synonym für das angestaubte royale Kundenverständnis, nachdem der „Kunde König ist“. Kundenzentrierung rückt stattdessen das Verständnis des Bankkundenverhaltens – das sog. Behavioral Banking – in den Fokus und das Jahr 2024 markiert an dieser Stelle ebenfalls eine gewisse Zäsur: Der Doyen der Behavioral Economics, Nobelpreisträger Daniel Kahnemann (University of California, Berkeley und Princeton University), verstarb im Alter von 90 Jahren.

Bankgeschäft, insbesondere das sog. B2C („Banking-2-Consumer“), ist in seinem Kunden- verhalten dezidiert nicht mit klassischem Konsumgütergeschäft wie etwa dem Kauf von Bekleidung, dem Buchen einer Urlaubsreise oder dem Essen in einem guten familiengeführten Gasthaus gleichzusetzen. Banking löst beim B2C-Kunden i.d.R. weder eine Ausschüttung der Neurotransmitter Dopamin („Vorfreude vor dem Bankbesuch“), noch von Endorphin („Wohlgefühl während des Bankbesuchs“) und geschweige denn Serotonin („Glücksgefühl nach dem Bank- besuch“) aus – ein hinlänglich bekanntes, sowohl breit wie auch tief untersuchtes Spezifikum des Bankgeschäfts. Zugespitzt formuliert: Banking ähnelt in seinem Kundenverhalten mehr einem Zahnarztbesuch als dem Buchen der nächsten Ferienreise.

Datamining-basiertes Behavioral Banking & Behavioral Banking-Evergreens: Insights in die operative Bankpraxis

Behavioral Banking, zu Beginn stark erforscht über qualitative Sozialforschung (v.a. Kunden- befragungen), fand zunächst seinen Niederschlag in der Ableitung von qualitativen Personas- Typen (z.B. Sinus-Milieus Anfang der 2000er-Jahre mit Personas-Typen wie etwa den „Traditionellen“, „Experimentalisten“, „Anspruchsvollen“ etc.), die i.w.F. zur werblichen und kommunikationspolitischen Ansprache dieser Kundengruppen herangezogen wurden. Für das „Everyday Banking“, die treffgenaue Lokalisierung von Ertrags- bzw. Kundenbindungschancen und ergo für die tägliche Vertriebsarbeit leisten diese Ansätze am ehesten noch „über die Bande“ einen wertstiftenden Beitrag.

Evergreens aus dem Behavioral Banking, deren Berücksichtigung auf die operative Bankpraxis weiterhin voll einzahlen sind bspw.:

  • der Halo-Effekt bei der Umsetzung von Spezialisierungsansätzen mit sog. High Involvement der Kunden (v.a. im HIKrG-Geschäft)
  • der Depletion-Effekt bei der Terminierung von schwierigen Kundengesprächen gegen Tagesende
  • das Low Involvement-Verhalten von rund 75 bis 80% der Bankkunden beim Ankerprodukt „Girokonto“
  • das Loyalitätsparadoxon, bei dem mit zunehmender Dauer der Bank/Kunde- Beziehung die kundenseitige Preissensibilität v.a. ab dem sechsten bis siebten Jahr deutlich abnimmt und Agios von 20–30% erlaubt
  • die herausragende Bedeutung des Nudging (heißt: „dem Kunden die Entscheidung erleichtern und Anstupsen“) oder
  • der Sense of Urgency-Effekt, bei dem Kunden auf prima vista wenig angenehme Sachverhalte hingewiesen (z.B. Pensions-/Vorsorgelücke, Überziehungsverhalten etc.) und zugleich i.S. von „Financial Health“ bedürfnisorientierte Lösungen vorgeschlagen werden

Die Transformation der Erkenntnisse aus dem Behavioral Banking auf die Ableitung sog. datamining-basierter Personas-Gruppen ist ein weiterer höchst erfolgreicher Use Case.

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Bankenumfeld

Sanierungsfälle im deutschen Genossenschaftssektor – Lehren und Lösungsansätze 

Aktuell wird der deutsche Genossenschaftssektor durch mehrere Sanierungsfälle von regionalen Banken beunruhigt – diese Ereignisse haben ein großes mediales Interesse gefunden – allerdings ist die dort erfolgte Darstellung aus Sicht von CONFIDUM verkürzt und beinhaltet nicht immer die richtigen Schlussfolgerungen.

Das Gemeinsame, der in den Medien aufgeführten Fälle – VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, Volksbank Dortmund-Nordwest und Volksbank Düsseldorf Neuss – ist, dass bei diesen Banken in kürzester Zeit ein Short-Fall im Eigenkapital eingetreten ist, der ohne rasche Rekapitalisierung eine Insolvenz ausgelöst hätte. Wären diese Banken nicht Mitglieder der genossenschaftlichen Finanzgruppe (GFG), so wäre wohl der Einlagensicherungsfall eingetreten, wie zuletzt bei der Sberbank Europa oder der Bremer Greensill-Bank. In der GFG ist neben dem gesetzlichen Einlegerschutz eine Institutssicherung in der Form eines sogenannten IPS („Institutional Protection Scheme“) nach Capital Requirements Regulation (CRR) Artikel 113/7 installiert. Diese hat zum Ziel, die Solvabilität und Liquidität der Institute jederzeit zu gewähr-leisten. Verantwortlich dafür ist die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR); deren wichtigstes Instrument im Sanierungsfall sind Kapitalerhöhungen aus den dafür vorgesehenen sofort verfügbaren Mitteln, oft auch in Kombination mit einer Fusion. Insofern ist nicht zu erwarten, dass aus einem der aktuellen Fälle eine Insolvenz entstehen wird.

Ganz wesentlich ist die Fragestellung, ob es sich um singuläre Fälle handelt und ob sichergestellt ist, dass so etwas künftig verhindert werden kann. Dazu ist es aus der Perspektive CONFIDUM sinnvoll, die einzelnen Fälle zu analysieren und die richtigen Schlussfolgerungen daraus abzuleiten.

Die Volksbank Düsseldorf-Neuss – eine Regionalbank ohne besondere Auffälligkeiten – wurde in einen Betrugsfall verwickelt, der allerdings das interne Risikomanagement und die Compliance der Bank in einem ungünstigen Licht erscheinen lässt. Solche Fälle sind außergewöhnliche Ereignisse, die systemisch nicht ausschließbar sind und in den unterschiedlichsten Banktypen und Bankgruppen vereinzelt vorkommen.

Ganz anders fällt die Ursachenanalyse bei den beiden anderen genannten Banken aus. Diese sind Folgen der langanhaltenden Niedrigzinsphase beginnend mit der Finanzkrise 2008 bis zum jähen Zinsanstieg 2022. In diesem Umfeld hat sich die Zinsmarge der Banken – insbesondere auch der Regionalbanken – stark eingeengt. Die Folge war eine Diversifikation der Asset- Allocation vor allem durch starken Ausbau von Immobilieninvestments, aber auch ein verstärktes Kostenmanagement sowie eine deutlich ansteigende Zahl von Bankfusionen. So gab es 2008 in Deutschland noch 1.200 eigenständige Genossenschaftsbanken – aktuell sind es weniger als 700.

Das Geschäftsmodell nahezu aller dieser Banken stellt den genossenschaftlichen Gedanken, d.h. das regionale Kundengeschäft in den Vordergrund – im residualen Eigengeschäft werden konservative Investments getätigt.

Allerdings hat das Management vereinzelter Banken eine andere strategische Ausrichtung ver-folgt und das Geschäftsmodell teilweise massiv verändert. Anstatt in niedrig verzinstes regionales Kreditgeschäft zu investieren, wurden wesentliche Finanzierungen und Investments in alter- nativen Geschäftsfeldern getätigt. Sehr oft standen dabei Immobilien im Mittelpunkt, aber auch Investments in Fin-Techs oder Reisebüros lassen sich in dieser Palette finden. Nicht jeder dieser Fälle wird zum Problemfall – zum einen ist der Anteil der „neuen“ Geschäfte in einem noch ver-tretbaren Ausmaß, zum anderen gibt es auch Bankmanagements, die mit Risiken aus diesen Investments sachgemäß umgehen können. Trotzdem ist es möglich, dass noch der eine oder andere Sanierungsfall in der Zukunft auftreten kann. Es ist aber davon auszugehen, dass es sich um Einzel- bzw. Sonderfälle handelt – die gesamte Gruppe ist sehr solide aufgestellt und professionell geführt. Trotzdem ist festzustellen, dass auch Einzelfälle zu einer erheblichen Belastung der gesamten GFG führen können – vor allem angesichts der Tatsache, dass durch die fortschreitende Fusionswelle stetig größere Banken entstehen. Insofern stellt sich die Frage nach Strategien zur Verhinderung künftiger Sanierungsfälle.

Im Gegensatz zu den in öffentlicher Kontrolle stehenden Sparkassen sind Genossenschafts- banken private Unternehmen im Eigentum der Mitglieder – insoweit sind diese in der Wahl ihres Geschäftsmodells „nur“ durch die geltende Regulatorik beschränkt. Nachdem die Genossen-schaftsanteile im Durchschnitt ca. 900 EUR betragen, üben die Mehrheit der Mitglieder ihr Eigen-tumsrecht nicht bzw. nur sehr beschränkt aktiv aus. Aufgrund des Kopfstimmrechtes gibt es auch i.d.R. keine Gruppierungen von Mitgliedern (à la Aktionärsvertretungen), die aktiv Einfluss auf die Geschäftsausrichtung nimmt.

In der Corporate Governance ist es der Aufsichtsrat, der die Interessen der Mitglieder vertritt und für die Kontrolle der strategischen Ausrichtung verantwortlich ist. Dazu ist es für das Gremium erforderlich, das Geschäftsgeschehen eigenständig kompetent und fachkundig beurteilen zu können. Diese Verantwortung kann nicht an Dritte – insbesondere dem Prüfungsverband und der Aufsicht – delegiert werden. Die Aufsichtsräte der Genossenschaftsbanken sind zumeist bunt gemischte Organe, die i.d.R. die regionale Mitgliedschaft abbilden. Somit ist es für den Aufsichts-rat herausfordernd, die Geschäftspolitik eigenständig und mit spezifischer Bankexpertise zu beurteilen. Damit sind die meisten Genossenschaftsbanken das, was im Fachjargon „Managerial Controlled“ bezeichnet wird. Nun ist es schon so, dass die große Mehrheit der Vorstände mit viel Kompetenz und Bedacht das traditionelle und regionale Kundengeschäft in den Mittelpunkt der Strategie stellt. Aber es gibt Banken, deren Vorstände eine ganz andere strategische Ausrichtung wählen.

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Privatkundenbanking

Das Privatkundengeschäft von Banken in Deutschland weiterentwickeln – Sechs Thesen für eine zukunftsgerichtete Ausgestaltung

Das deutsche Privatkundengeschäft von Banken und Sparkassen befindet sich seit mehreren Jahren in einem grundlegenden Umbruch. Wesentliche Veränderungstreiber sind dabei die zum Teil disruptiven technischen Innovationen, die komplett geänderte Situation am Markt für Arbeits- und Fachkräfte, die anspruchsvoller werdenden Erwar-tungen der Kunden an ein bequemes, einfaches und zugleich kostengünstiges Banking, die ungewohnte Volatilität wichtiger Ergebnisparameter und nicht zuletzt die sich weiter verschärfenden regulatorischen Anforderungen z.B. zur Datensicherheit. Soweit – so bekannt.

Besonders für traditionelle deutsche Filialbanken mit einem entsprechenden Kosten- gerüst und Bedarf für Personal und Infrastruktur bedeuten diese Veränderungen konti-nuierliche Herausforderungen für das Geschäftsmodell „Privatkundengeschäft“.

Eine Fortführung von Cost-Cutting-Strategien der vergangenen Jahre mit einem radika-len Rückbau des Filialnetzes (nahezu Halbierung der Anzahl an personenbesetzten Bankfilialen in Deutschland in der letzten Dekade) sowie Abbau des Personals (Reduk-tion um ca. 20% in den letzten 10 Jahren) ist für die Zukunft zu wenig erfolgsver- sprechend. Das liegt daran, dass zum einen der Bodensatz an einer Mindestpräsenz in der jeweiligen Marktregion mit (personenbesetzten) Filialen zum großen Teil bereits erreicht ist und eine weitere Ausdünnung das eigene Selbstverständnis als „Bank vor Ort“ gefährden würde. Zum anderen ist im Kontext Personalgerüst eine „Mangelverwaltung“ an benötigtem Fachpersonal, um den Geschäftsbetrieb mit der selbstgesteckten Qualität aufrecht zu erhalten, an der Tagesordnung.

Zukünftiges Privatkundengeschäft – quo vadis?
Die Dachverbände der Sparkassenorganisation (DSGV) bzw. der Volks- und Raiffeisen-banken (BVR) empfehlen den jeweiligen Banken mit aktuellen Konzepten ein potenzial-differenziertes Vorgehen für die Weiterentwicklung des Privatkundenangebots:

DSGV:
In dem aktuell in Umsetzung befindlichen Konzeptupdate „Vertriebsstrategie der Zukunft 2.1“ wird den Sparkassen insbesondere eine stärkere Kundenzentrierung mit einem „echten“ multi- bzw. omnikanalen Betreuungsansatz und gleichzeitig verbessertem be-triebswirtschaftlichen Ergebnis empfohlen.

Kernhandlungsfelder, um dies zu erreichen sind:

  • ein um Data-Analytics erweiterter Kundensegmentierungsansatz
  • eine deutlich verbesserte Nutzung vorhandener Kundendaten im Rahmen der Kundenansprache und -beratung (Data Analytics)
  • ein nach Kundenpotenzial differenziertes multikanales Beratungs- und Betreuungsangebot
  • ein deutlich stärkerer Fokus bei der Gewinnung und Bindung junger Kunden
  • ein (optimal empfohlener) ressourceneffizienter Teambetreuungsansatz
  • ein effiktives Servicemanagement im Spannungsfeld einer Gewährleistung von gewünschter Servicequalität und erforderlicher Wirtschaftlichkeit sowie
  • ein stationäres Netz an Service-& Beratungscentern mit empfohlenen Mindestgrößen, die eine vertriebliche Organisation gewährleisten.
    BVR:
    In einer ähnlichen Lesart stellt der BVR seinen Banken mit dem Vertriebskonzept Betreuungskunden („Wachstumsstrategie“) sowie Vertriebskonzept Servicekunden („Effizienzstrategie“) ebenso Handlungsempfehlungen zur Verfügung. Auch wenn sich die Segmentdifferenzierungen zwischen dem „roten“ und dem „blauen“ Sektor in Bezug auf Potenzial- und Servicekunden unterscheiden, sind die in beiden Lagern vorhandenen betriebswirtschaftlichen Herausforderungen (i.d.R. signifikant defizitäres Ergebnis je Servicekunde sowie vorhandene und nur unzureichend erschlossene Ertragspotenziale bei den Betreuungs- bzw. Individualkunden) und die daraus abgeleiteten Stellhebel sehr ähnlich. Ein Wachstum soll gemäß BVR-Konzept insbesondere durch eine deutlich stärkere Berücksichtigung der Affinität für den jeweiligen Kommunikations- bzw. Interak-tionskanal der Betreuungskunden und einem adäquaten omnikanalen Beratungs- und Produktabschlussangebot erreicht werden. Eine weitere wesentliche Handlungsempfeh-lung zielt auf einen verbesserten Ressourceneinsatz der vorhandenen knappen Berater-kapazitäten ab. Unter dem Stichwort „vertriebsaktive Zeit“ bzw. „Netto-Marktzeit“ besteht für viele Banken weiterhin die Herausforderung einer organisierten „Entschlackung“ von nicht wertschöpfenden Verwaltungs- und sonstigen Tätigkeiten zu Gunsten von mehr Beratungszeit für Kunden in der Vertriebsmannschaft.
    Die vom BVR postulierte Effizienzstrategie für die Servicekunden (mindestens 1/3 aller Privatkunden), die ebenso in den DSGV-Konzepten zu finden ist, stellt beide Sektorenvor eine ziemliche Herausforderung im Selbstverständnis. Konsens ist, dass das Service- und Betreuungsmanagement dieser Kunden mit einem begrenzten Ertragspotenzial in
  • der Zukunft deutlich wirtschaftlicher organisiert werden sollte. Wie genau dies gelingen kann, ohne dabei das Selbstverständnis als Mitgliederbank bzw. die Sicherstellung der Basisversorgung zu gefährden, ist aktuell ein Verprobungsfeld. Maßnahmenempfeh- lungen, wie wirksame preisgesteuerte Servicelenkung bis hin zur ausschließlich digitalen Servicierung, Substitution regelmäßiger personenbezogener Kundenkontakte durch anlassbezogene digitale Ansprachen sowie der forcierte Ausbau digitaler Selbstbera-tungs- & Abschlussstrecken, finden sich in beiden Konzepten wieder.
  • Perspektive CONFIDUM: Reichen diese Maßnahmenempfehlungen für eine wetter-feste Zukunftsfähigkeit des Privatkundengeschäfts wirklich aus bzw. sind nicht Grundfeste der bisherigen Vertriebskonzepte in der Zukunft neu zu denken?
  • These 1: Die bisherigen schablonenartigen Vorgehensweisen bei der Einteilung der Kun-den nach viel/wenig und kein Potenzial, deren genereller Affinität für Betreuungswege, Beratungsangebote sowie Produktwünsche (Segmentierung), ist in Anbetracht der Kun-denrealitäten nicht mehr zeitgemäß. Das vorhandene Wissen zum einzelnen Kunden und dessen aktueller Interaktionen mit der Bank (Data Analytics) ermöglicht ein Betreuungs-modell „Segment of One“, mit dem Ziel, in jedem Moment der Kundenbeziehung wirklich individuelle und maßgeschneiderte Angebote und Services anzubieten. Nur so kann die postulierte Kundenzentrierung erfolgreich gelingen.
  • These 2: Das im Private Banking etablierte „Best Choice“-Produktangebot wird zukünf-tig auch im Privatkundengeschäft erforderlich sein. Dabei ist nicht eine Ausdehnung der einzelnen Produktvarianten und damit verbundener erhöhter Beratungskomplexität ge-meint, sondern eine passende Auswahl der jeweilig wettbewerbsfähigsten Produkte für die einzelnen Kundenbedarfe („Check 24-Prinzip“). Dies hat selbstverständlich Implikati-onen auf die Grundsatzfrage jeder Universalbank „Sind wir auch zukünftig Produzent und Vermittler?“.
  • These 3: Das Idealbild einer ganzheitlichen bzw. genossenschaftlichen Beratung durch einen fest zugeordneten Berater(in) hat in den letzten Jahr(zehnten) sehr viel Kraft und Qualifizierungsbudgets gekostet. Bei einer nüchternen Umsetzungsanalyse stellen die Banken in der Regel fest, dass nur bei einem sehr geringen Anteil aller Privatkunden eine Durchdringung mit diesem Beratungsvorgehen gelungen und dabei auch die gewollte Ganzheitlichkeit oft kaum umgesetzt ist. Niedrige Produktdurchdringungen, z.B. im Sach- und Personenversicherungsbereich oder beim Vermögensaufbau mit Wert- papieren, sind dabei wesentliche Schmerzpunkte.
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CONFIDUM News

Marcus Hampel neuer Managing Director bei der CONFIDUM AG

Marcus Hampel verstärkt seit 1. Juli 2024 das auf den Finanzdienstleistungsbereich spezialisierte Beratungsunternehmen CONFIDUM Financial Management Consultants AG und ist dort für den Markt Deutschland verantwortlich. Zuvor war der gelernte Banker Hampel für renommierte Beratungsunternehmen tätig und betreute Mandate vor allem bei Sparkassen und Geno-Banken.

„Mit Marcus Hampel gewinnen wir einen sehr ausgewiesenen und vernetzten Banken-experten, der über vielfältige Erfahrungen in strategischen und operativen Themen bei Regionalbanken verfügt“, sagt Christof Grabher, Verwaltungsratspräsident der CONFIDUM-Gruppe. „Damit schaffen wir unseren Kunden einen klaren Mehrwert und können unser Beratungsgeschäft in Deutschland weiter ausbauen.“

Die CONFIDUM-Gruppe wurde 2006 gegründet und fokussiert sich auf Strategie und Restrukturierung im Finanzdienstleistungsbereich. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt im deutschsprachigen Raum – Deutschland, Österreich, Schweiz. Zum Kundenkreis gehören Regionalbanken, Spezialbanken, Bausparkassen, Asset-Manager und Ver-sicherungen. Als Beratungsboutique setzt CONFIDUM auf den Einsatz von erfahrenen Senior-Beratern und auf die Erarbeitung von individuellen Lösungen fernab von Standardkonzepten.

„Neue Kundenrealitäten, Digitalisierung, Regulierung und Wettbewerbsdruck durch neue Marktteilnehmer zwingen vor allem die Regionalbanken zur radikalen Anpassung ihrer Geschäftsmodelle; bloße Optimierung der tradierten Geschäftsmodelle greift zu kurz“, so die Einschätzung von Marcus Hampel. „Gemeinsam mit CONFIDUM kann ich mein Know-how und meine Erfahrung gezielt zum Nutzen in Projekten einbringen. Die Verbindung von innovativen Konzeptionen mit gesundem Pragmatismus als Beratungsphilosophie entspricht meiner Vorstellung eines erfolgreichen Consultings.“

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Bankenumfeld

Hypo Vorarlberg Bank: Öffentliches Eigentum – Erfolgs- oder Auslaufmodell

Der Zusammenbruch des Immobilienimperiums des Signa Konzerns hat wieder einmal die Rolle der Banken im Zusammenhang mit leichtfertigen Kreditvergaben in die mediale Aufmerksamkeit gebracht. Ganz besonders intensiv wird dabei der Fall der Hypo Vorarlberg Bank AG diskutiert – steht diese doch mehrheitlich im Eigentum des Landes Vorarlberg und ist ihr Schicksal damit auch von höchstem, politischen Interesse.

Die Regierung verteidigt die Strategie der Bank, die Opposition spricht von Krise, Experten jeglicher Art melden sich zu Worte und die Medien bringen Schlagzeile nach Schlagzeile – am meisten aber leidet das Vertrauen und die Reputation der Bank, schon seit jeher das wichtigste Pfund im sensiblen Geldgeschäft.
Zunächst aber ein Blick auf die Fakten:

Die Hypo Vorarlberg Bank unterhält offensichtlich seit vielen Jahren Geschäftsbeziehungen zum Signa-Konzern und dessen Gründer und Miteigentümer René Benko; damit steht die Hypo Bank Vorarlberg nicht allein da: RBI, Bank Austria, RLB NÖ/Wien, RLB OÖ, Bank Bär, diverse Kantonalbanken, deutsche Landesbanken, DZ Bank, Bangkok Bank und noch einige mehr stehen auf der Gläubigerliste.
Nach Aussagen der Hypo Vorarlberg Bank sind die Kredite mit banküblichen Sicherheiten hinter-legt: Hypotheken, Garantien, Hinterlegung bzw. Pfandrechte an Wertpapieren und Gesellschafts-anteilen.
Ob diese Sicherheiten werthaltig sind, kann heute nicht abschließend beurteilt werden; viele Banken gehen aber von bedeutenden Abschreibungen der Kredite aus.
Aktuell wird von 131 Mio. EUR an „ausgefallenen“ Krediten berichtet – nachdem die Hypo Vorarlberg Bank nach IFRS bilanziert, sind Kredite mit Zahlungsstörungen (Stage Modell) als ausgefallen zu werten – unabhängig welche Rückflüsse noch zu erwarten sind. Per Ultimo 2023 verfügte die Hypo Vorarlberg Bank über Eigenmittel in Höhe von 1.700 Mio. EUR, das entspricht einer Total Capital Ratio von 18,7 %. Selbst wenn die 130 Mio. EUR komplett ausfallen, beträgt diese Ratio immer noch 17,3 % – ein hervorragender Wert, angesichts dessen das Wort Krise an den Haaren herbeigezogen wirkt.
Ob bei der Kreditvergabe durch die Organe fahrlässig agiert wurde, kann im komplexen Bank-geschäft nur von Experten beurteilt werden. Allein die Tatsache, dass Kredite ausfallen, gibt dazu keinen Aufschluss, aber auch OeNB-Berichte sind in den richtigen Kontext zu stellen und zu be-urteilen. Jedenfalls sind alle Vorgänge im Risikomanagement, im Kreditausschuss, im Aufsichts-rat zu berücksichtigen. Genauso sind sämtliche Hinweise von Wirtschaftsprüfern und Aufsichts-behörden einzubeziehen. Um hier ein valides Urteil auch im Bezug zur Strategie der Bank zu fällen, ist eine Prüfung aller relevanten Fakten erforderlich – ein inhaltlich und zeitlich aufwendi-ges Vorhaben, das eine umfassende und tiefe Branchenerfahrung erfordert.
Bei einer nüchternen Betrachtung kann man den Wirbel aus einer ökonomischen Perspektive kaum nachvollziehen: Die Hypo Vorarlberg Bank gehört seit Jahren zu den rentabelsten Banken Österreichs und ihr Wert wurde in den letzten 20 Jahren erheblich gesteigert. Dafür waren die Organe und die gewählte Strategie ursächlich. Selbst ein Totalausfall der Signa/Benko Kredite beeinträchtigt weder die Eigenkapitalbasis noch die Fähigkeit Dividenden zu zahlen noch die künftige Profitabilität des Geschäftsmodells der Bank. Die einzige Auswirkung ist ein erheblicher Schaden bezüglich der Reputation des Hauses – im Bankgeschäft eine echte Hypothek.

Das Problem liegt vor allem am öffentlichen Eigentum der Bank – implizit ist dadurch die Bank ein Gegenstand des politischen Kalküls und der politischen Auseinandersetzung. Gerade bei sensiblen Unternehmen wie Banken ist das ein immer wieder zu beobachtendes Muster: Schlagende Risiken – und das ist immanent im Bankgeschäft – führen zu teilweise absurden politischen Diskussionen; in diesem Fall wird z.B. eine Beschränkung auf die Region Vorarlberg und auf spezielle Kundengruppen gefordert. Ein solcher Schwenk würde den Wert der Bank massiv beeinträchtigen und damit auch indirekte Vermögensschäden bei den Steuerzahlern im Vielfachen der potenziellen Kreditausfälle verursachen.
Die einzig valide Alternative zur bisherigen Strategie wäre ein Rückzug des Landes als Mehr-heitseigentümer – sei es über einen Verkauf oder ein IPO. Mit diesem Erlös könnte nach Vorbild von öffentlichen Fonds anderer Länder, wie z.B. Norwegen, ein echter Vermögensrückhalt auf-gebaut werden, der aus seinen Erträgen entsprechende regionale Projekte finanziert. Aus Sicht der regionalen Bankversorgung ist eine Bank im öffentlichen Eigentum nicht erforderlich, auch vor dem Hintergrund, dass der Bank aufgrund von EU-Recht seit vielen Jahren keine Landes-Haftungen oder sonstigen Unterstützungen durch das Land mehr gewährt werden dürfen und somit das wesentliche wirtschaftliche Argument für eine landeseigene Bank weggefallen ist. Auch mit „Vorarlberg“ im Namen muss die Bank drittüblich agieren und steht damit im direkten Wettbe-werb zu allen anderen Finanzdienstleistern. Gerade Österreich gilt immer noch als overbanked und die größten Marktanteile in Vorarlberg besitzen die Raiffeisenbanken und Sparkassen.

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CONFIDUM berät Anadi Bank beim Verkauf des Retail-Geschäftes

Anadi Bank überträgt Filialnetz und Großteil des KMU-Geschäfts an GRAWE Bankengruppe

Klagenfurt (OTS) – Nächster bedeutender Schritt für die Anadi Bank im Rahmen ihrer Strategie 3.0: Abspaltung aller Filialen mit 42.000 Retailkunden, 250 KMU-Kunden und einem Kundengeschäftsvolumen von knapp EUR 1,7 Mrd. an die Bank Burgenland der GRAWE Bankengruppe. Übergabe des Geschäfts für September 2024 erwartet. Anadi CEO Christian Kubitschek: „GRAWE Bankengruppe ist der beste Partner für unser Filialnetz und den Großteil unseres KMU-Geschäfts, denn sie legt höchsten Wert auf regionale Kompetenz sowie Kunden- und Werteorientierung.“ 

Die Anadi Bank macht den nächsten bedeutenden Schritt im Rahmen ihrer Strategie 3.0: Mit heutigem Datum haben Bank Burgenland (Muttergesellschaft der GRAWE Bankengruppe) und Anadi Bank den Vertrag über die Übertragung des Filialnetzes und des Großteils des KMU-Geschäfts unterzeichnet. Die Bank Burgenland übernimmt die zehn Filialen der Anadi Bank mit fast 70 Mitarbeiter:innen, ca. 42.000 Retailkund:innen, ca. 250 KMU-Kund:innen und insgesamt knapp EUR 1,7 Mrd. Kundengeschäftsvolumen. Das Eigenkapital, die Banklizenz, rund 15.000 Kunden, ca. 160 Mitarbeiter:innen und eine Bilanzsumme von rund EUR 1,5 Mrd. verbleiben in der Anadi Bank. Das im Vorjahr unter dem Namen „Quadriga“ initiierte Projekt findet damit seinen erfolgreichen Abschluss. Nach der Transaktion wird sich die Anadi Bank auf die Geschäftsbereiche Digital Banking und Public Finance, die beide weiterhin aus dem Headquarter in Klagenfurt betreut werden, sowie auf das Corporate Geschäft, das aus ihrem Wiener Büro betreut wird, fokussieren. Das durch die Transaktion freigesetzte Kapital wird die Gesamtkapitalquote der Anadi Bank von derzeit 15,7 % auf voraussichtlich knapp 30 % anheben. Damit wird die Anadi Bank zu einer der bestkapitalisierten Banken Österreichs und der gesamten DACH Region aufsteigen und so bestens für die nächsten Schritte der Strategie 3.0 gerüstet sein.

Closing für September 2024 erwartet – Kund:innen werden detailliert informiert

Die Aufsichtsbehörden wurden umfangreich über die Transaktion informiert. Nach den im Bankenbereich nötigen aufsichts- und wettbewerbsrechtlichen Genehmigungsprozessen und unter Berücksichtigung der Übertragungs- und Migrationsprozesse wird mit der Übergabe des Geschäfts („Closing“) an den neuen Eigentümer im September 2024 gerechnet. Vorerst ändert sich für die Kund:innen der Anadi Bank nichts, alle Bankgeschäfte laufen unverändert weiter, ebenso bleiben die Ansprechpartner:innen für die Kund:innen bestehen – gerade dieser Aspekt war für beide Transaktionspartner von hoher Bedeutung. Die Anadi Bank wird ihre Kund:innen in allen Geschäftsbereichen sowie die Öffentlichkeit rechtzeitig über alle Umstellungsschritte informieren, wobei beide Seiten einen besonders kundenfreundlichen Prozess gewährleisten werden. Das Management und die Kundenbetreuer:innen der Anadi Bank werden in den kommenden Tagen und Wochen den Kundengesprächen besonders viel Aufmerksamkeit widmen und auf alle Fragen der Kund:innen eingehen.

Christian Kubitschek, CEO der Anadi Bank, über die Transaktion: „Mit der Bank Burgenland und der GRAWE Bankengruppe haben wir den besten Übernehmer für unser Filialnetz und den Großteil unseres KMU-Geschäfts gefunden. Wir geben das Geschäft in die erfahrenen Hände einer starken österreichischen Bank. Unsere Kund:innen werden bei der GRAWE Bankengruppe  bestens aufgehoben und betreut sein. Ein höchst vertrauensvolles Klima mit starkem Fokus auf die Belange der Kund:innen und Mitarbeiter:innen haben die Verhandlungen geprägt. Ich kenne die große Professionalität und verbindliche Werte- und Kundenkultur der GRAWE Bankengruppe aus erster Hand. Zudem sind Bank Burgenland und Anadi Bank im Hypo-Bankenverband Schwesterninstitute und nutzen mit „TiGital“ (Accenture) dieselbe Kernbankenplattform.“ 

Christian Jauk, Vorstandsvorsitzender in der GRAWE Bankengruppe, meint über die Transaktion: „Wir freuen uns, den Kundinnen und Kunden der Anadi Bank auch künftig hochwertige Betreuung vor Ort anbieten zu können. Wir glauben an das Filialgeschäft und die erfahrenen, bestens ausgebildeten und in der Region verwurzelten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von der Anadi Bank zur GRAWE Bankengruppe wechseln werden. Mit dieser Transaktion erweitert die GRAWE Bankengruppe ihr Marktgebiet im Filial- und Firmenkundengeschäft auf Kärnten und setzt ein starkes Zeichen im Retail-Segment in ganz Österreich. Wir wollen die Erfolgsgeschichte fortsetzen, die mit dem Erwerb der Bank Burgenland durch die GRAWE im Jahr 2006 begonnen hat. Mit einer soliden Geschäftspolitik, in der die vertrauensvolle Beziehung zwischen Kunden und Berater immer im Fokus steht, hat sich die Bank Burgenland in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt und ist heute eine der führenden Landesbanken in Österreich. Diesen Weg möchten wir als GRAWE Bankengruppe nun in Kärnten weiterführen.“

Dauer der Zinswende prägte Zeitablauf und Umfang der Verhandlungen

Die Entscheidung für die Abspaltung des Filialnetzes und des KMU-Geschäfts fiel schon im Vorjahr, noch vor Beginn der größten Zinswende seit Bestehen der EZB. Die Anadi Bank wurde von CONFIDUM Financial Management Consultants als Transaktionsberater, Binder Grösswang Rechtsanwälte als rechtlicher Berater und Ernst & Young als steuerlicher Berater bei der Transaktion begleitet.

Für die Anadi Bank waren die Identität des Übernehmers und Kriterien wie Werte- und Kundenkultur, Bilanz- und Kapitalstärke, Wachstumspläne und Mitarbeiterkonzept von großer Bedeutung. Diese Ansprüche waren neben der Zinswende die Gründe für die Streckung des ursprünglichen Zeitplans des Projekts. Nun dürfte die Zinswende ihr Ende gefunden haben, was eine Transaktion mit großer Planungssicherheit für die Anadi Bank und die GRAWE Bankengruppe möglich machte.

Quelle: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231221_OTS0132/anadi-bank-uebertraegt-filialnetz-und-grossteil-des-kmu-geschaefts-an-grawe-bankengruppe

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Privatkundenbanking

Poolbetreuung 2.3ff

Mit dem von Frau Lagarde eingeleiteten, abrupten Zinsschock1 hat das „New Next“ mit allen Chancen und Risiken begonnen. Klassisches Banking ist fast schon wieder en vogue. Der gegenwärtige Erfolg der Bankwirtschaft, konkret der enorme Zuwachs im Nettozinsertrag, wird allzu gern der eigenen Strategie zugeschrieben. Es wissen jedoch (nahezu) alle, dass die hohen Betriebsergebnisse kein Signal der neuen operativen Stärke sind, sondern klassische „Windfall Profits“ aus der Zinswende der Notenbanken darstellen. Neben den drei bekannten Hauptfächern in der Banksteuerung, „Eigenkapital“, „Eigenkapital“ und nochmals „Eigenkapital“ wird die Sicherung einer stabilen, breit aufgestellten, günstigen Liquiditäts- und Refinanzierungsstruktur zur nächsten Reifeprüfung.

New Next und optimales Betreuungsmodell im Retail-B2C2

Vertrauen (lat. Confido) ist weiterhin die wichtigste Währung in der Kunde/Bank-Beziehung. Einlagen galten in der Niedrigzinsphase als „Sticky assets“. Bankkunden wird bankseitig gerne der Euphemismus einer hohen Loyalität zugeschrieben, wobei diese Loyalität auch als Gleichmut, Trägheit oder gar Abgestumpftheit der Kunden verstanden werden kann.
Doch je höher die Zinsen, desto höher die Verlockung für Kunden, möglicherweise zu einem noch besseren Angebot zu springen und die zuvor noch proklamierte Loyalität zu erschüttern. Das Risiko, dass das auch mit Online-Einlagenprodukten3 einfache „Zinshopping“ zeitnah die Liquiditätssicherung enorm verteuert, ist nicht von der Hand zu weisen.
Sobald sich leise Anzeichen für eine Instabilität im Kundenbestand mehren (z.B. CDR; Customer Drain-Ratio), kann es auch bei auf bisher sicherem Terrain gebauten Geschäftsmodellen ex abrupto zu Hangrutschungen kommen (siehe etwa das aktuell prominente Beispiel der Credit Suisse).
Im Spannungsfeld zwischen der Wichtigkeit einer hohen Kundenloyalität, einer effizienten und auf die Kundenbedürfnisse hin abgestimmten Betreuung unter Vermeidung von Überqualität und „Gold plating“, rückt einmal mehr auch das optimale Organisationsmodell zur Betreuung des privaten Retailgeschäfts („Retail-B2C“) in den Fokus. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, zu den vor über 10 Jahren erstmalig pilotierten Poolbetreuungsansätzen eine Zwischenbilanz zu ziehen.